Entbinden im Geburtshaus – „Was? Ganz ohne Arzt?“

„Ja, ganz ohne Arzt! Wofür brauche ich einen Arzt bei einer Geburt?“ die Reaktion „Na, wenn etwas schiefgeht. Bei mir z.B. war dies und das und es MUSSTE…..“ darauf ich „Es wird nichts schiefgehen und falls ich einen Arzt brauche, werde ich ins Krankenhaus gebracht.“ Natürlich führt dies wieder zu vielen Widerworten und Einwänden und Horrorszenarien. Am besten unterbricht man dieses Gespräch, da es nur negativ beladen ist und somit kein bisschen hilfreich. Als ich meiner Frauenärztin von meinem Vorhaben berichtete, war dies der Test, ob wir eine gute Basis haben oder sich hier unsere Wege trennen würden. Ich hatte im Vorfeld von anderen Schwangeren gehört, wie unmöglich ihre Ärzte auf diese Entscheidung reagiert haben. Von „Eine Geburt muss im Krankenhaus unter ärztlicher Aufsicht stattfinden“ bis „Was für eine verantwortungslose Mutter sind Sie?“ war alles dabei. Doch ich war erleichtert, als meine Ärztin verständnisvoll meine Entscheidung respektieren konnte. Sie sah medizinisch keinen Grund, warum ich keine natürliche, komplikationslose Geburt haben sollte. Doch sie erklärte mir auch, dass sie als Medizinerin durch ihre Erfahrungen bedingt eine andere Einstellung dazu hat. Von sich aus hätte sie mir kein Geburtshaus empfohlen. Mit dieser Einstellung konnte ich leben. Zu ihrer Beruhigung ging ich zu einem Ultraschalltermin in eine andere Praxis, damit noch eine weitere Ärztin bestätigen konnte, dass mit meinem Baby alles in Ordnung ist und nichts gegen eine Geburt im Geburtshaus sprach.

Voraussetzungen für das Geburtshaus

Auch das Geburtshaus ist bei der Auswahl der Gebärenden sehr sorgfältig. Die Anamnese und der Geburtsverlauf müssen entsprechend sein, damit die Hebammen zu dem Schluss kommen, dass man eine geeignete Kandidatin ist. Es wird auch ausführlich darüber aufgeklärt, was es bedeutet im Geburtshaus zu entbinden. Wichtige Punkte wie, in welches Krankenhaus man verlegt werden möchte, falls dies notwendig wird, wie weit die Fahrt dorthin ist usw. werden vorab festgelegt. Man erfährt etwas über die Geburtenzahl (die wirklich nicht sehr hoch ist) und was häufige Gründe für eine Krankenhausverlegung sind (bei Erstgebärenden ist dies wohl das Stocken des Geburtsvorgangs).

Info-Abende im Geburtshaus

Falls ihr mal schauen möchtet, wie so ein Geburtshaus aussieht und erste Informationen dazu haben möchtet, könnt ihr zu einem der Info-Abende gehen, die regelmäßig angeboten werden. Auf den Internetseiten der Geburtshäuser findet man häufig Erfahrungsberichte.
Unser Geburtshaus liegt in der schönen Altstadt von Idstein und ist ein schnuckeliges Fachwerkhaus. Es ist ein wenig in Waldorf-Art eingerichtet, soll heißen mit sanften Farben, warm, gemütlich und „natürlich“. Hier gibt es zwei Geburtsräume, wovon einer über eine große Geburtswanne verfügt. Parallele Geburten sind zwar selten, aber natürlich nicht unmöglich. Toll ist, dass man alle Hebammen vorher kennenlernen kann, indem man entweder einen Kurs besucht, Akupunktur in Anspruch nimmt oder auch zu dem ein oder anderen Vorsorgetermin geht. So kannte ich auch meine Hebamme, die zum Beginn unserer Geburt Rufbereitschaft hatte. Das ist sehr angenehm und ein enormer Vorteil des Geburtshauses! Außerdem bleibt die leitende Hebamme bis zum Schluss, es gibt keinen Schichtdienst o.ä. Wenn sich die Geburt dem Ende neigt, wird eine weitere Hebamme dazu geholt, um eine gute Versorgung von Mutter und Kind sicherzustellen. Ist alles mit Mutter und Kind in Ordnung, darf man nach ein paar Stunden wieder nach Hause fahren. Doch dann nicht mehr zu, sondern zu dritt! Einfach wunderbar!

Was ist also ein Geburtshaus?

Es ist ein Ort, in dem ganz in Ruhe und Intimität ohne Hektik und Stress eine natürliche Geburt möglich wird. Herztöne und Wehentätigkeit werden nicht durch dauerhaft angebrachte Geräte gemessen, sondern in regelmäßigen Abständen von der Hebamme überwacht. Man ist ganz ungestört, ohne unnötige Interventionen und mit einer Hebamme, die die ganze Zeit über dabei ist und unterstützt. Auch anders als im Krankenhaus, in dem die Hebammen oft unterbesetzt und an einem stressigen Tag mehrere Geburten parallel betreuen müssen, weshalb die Gebärenden für gewisse Zeitspannen alleine gelassen werden müssen. Ich empfand es als angenehm, dass unsere Hebamme zwar im Hintergrund, aber immer anwesend war. Sie hatte alles im Blick und ließ uns machen. Sie machte die regelmäßigen Untersuchungen und leitete mich an, wie ich die Wehentätigkeit verbessern konnte. Zum Schluss war sie natürlich noch sehr viel präsenter und dauerhaft an meiner Seite. Sie leitete mich ganz genau an, damit mein Baby nicht allzu schnell herausgepresst wird. Zu dem Zeitpunkt war schon eine Kollegin dazugekommen, die mich ebenfalls durch die Wehenarbeit begleitete.

Der Geburtsort sollte vor allem angstfrei sein

Ich denke, das wichtigste für eine gelingende natürliche Geburt ist eine angstfreie Umgebung. Also schaut euch gut euren Wunschort an und überlegt, ob ihr hier die nötige Ruhe, Zeit und Unterstützung bekommt, die man für eine Geburt braucht. Denn wird Angst verbreitet (z.B. durch unerfahrene Geburtshelfer) oder der Prozess durch unnötige Untersuchungen gestört, kann dies zu Komplikationen führen, die wiederum Eingriffe in die Geburt notwendig machen.

Warum habe ich mich für ein Geburtshaus entschieden?

Zu Beginn meiner Schwangerschaft hatte ich noch eine ganz andere Einstellung dazu. Auch ich war mir sicher, dass ich, wie alle anderen, in einem Krankenhaus gebären müsste. Etwas anderes kam für mich gar nicht infrage, denn ich wollte auf Nummer Sicher gehen. Wir schauten uns einige Krankenhäuser an, die infrage gekommen wären und gingen zu vielen Info-Abenden. Da merkte ich schon, dass dies nicht meiner Vorstellung einer Geburtsumgebung entsprach. Also hörte ich mir doch noch einmal an, was mein Mann über das Geburtshaus recherchiert hatte. Daraufhin schauten wir uns auch das Geburtshaus an. Schon als ich reinkam, fühlte ich, wie anders die Atmosphäre war. Es war viel familiärer und eben fast so, als wäre man einfach bei jemandem zu Hause. Zwar war ich mit Skepsis dorthin gegangen, doch es fühlte sich einfach richtig an und ich wusste schon bald (ähnlich wie mit dem HypnoBirthing Kurs), dass ich genau das wollte. Dieses Gefühl bestätigte sich dann auch im Nachhinein. Natürlich ist es wichtig, dass man sich bei dieser Entscheidung wohlfühlt. Man sollte sich für die Geburtssituation entscheiden, bei der man sich sicher und angstfrei fühlt. Ist dies das Krankenhaus, das eigene Zuhause, dann ist es auch das richtige. Es muss sich eben richtig anfühlen. Und sollte man aus verschiedenen Gründen für eine Geburt im Geburtshaus nicht geeignet sein (das könnte ein Verdacht auf eine mögliche Komplikation Seitens des Babys sein; die Lage des Kindes; Vorgeschichte der Mutter o.a.), kann man sich mit dem Krankenhaus-Personal im Vorfeld gut besprechen, wie man sich seine Geburt wünscht und wie z.B. die Umgebung gestaltet sein soll.

Vorab die Geburtswünsche besprechen

Denn, alles, was man vorher klärt, muss man nicht während des Geburtsprozesses ausdiskutieren. Dabei kann man auch gut hinhören, wie kooperativ und bemüht sich das Personal zeigt. Hierfür möchte ich noch einmal auf den HypnoBirthing Geburtsvorbereitungskurs hinweisen, in dem genau diese Anliegen intensiv bearbeitet werden. Und bitte fühlt euch eingeladen, auch zu diesem Thema eure Erfahrungen mit anderen zu teilen! Vielleicht habt ihr auch konkrete Informationen zu anderen Geburtshäusern, die ihr hier mitteilen könnt.
Es gibt ein Buch zu diesem Thema, das ich euch empfehlen möchte: „Hausgeburt und Gebären im Geburtshaus: Mit Erfahrungsberichten von Frauen, die Mut machen“ von Christine Trompka (19,70€ oder vielleicht gebraucht?).
Also dann, auf in den Info-Abend-Trubel. Da ist wirklich immer richtig viel los!

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